Ralf Witthaus
Artist Statement zu „The King“
Im Rumpenheimer Schloss fand im Jahre 1863 eine bemerkenswerte Königsproklamation statt. Dem siebzehnjährigen Prinz Christian Vilhelm Ferdinand Adolf Georg von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg wurde von einer Delegation aus Athen, die mit dem Schiff angereist war, angetragen, ihr König zu werden. Er nahm an und wurde Georg I, König von Griechenland.
Darauf nimmt dieses Landschaftskunstwerk Bezug. Kompositorisch ist es bestimmt von der Form eines griechischen Mäanders. Ein Dekor, das aus der griechischen Kultur nicht wegzudenken ist. Es symbolisiert nicht nur Wasser, sondern auch die Ewigkeit und den Lauf des Lebens. Auf den zweiten Blick finden sich innerhalb der Zeichnung Buchstaben und Worte wieder. Die griechischen Wörter „Philia“ und „Agape“ sind im Mäander eingewoben.
Im königlichen Wappen von Georg I. steht geschrieben: „Ἰσχύς μου ἡ ἀγάπη τοῦ λαοῦ“, oder: „Der Menschen Liebe, meine Stärke“. Das Kunstwerk greift das Thema Liebe auf im Wissen, dass die Sprache des Landes, aus dem die wichtigsten Wurzeln der europäischen Philosophie stammen, für das Wort Liebe eine ganze Anzahl unterschiedlicher Worte bereithält. Das Bewusstsein des Reichtums der Liebe und was diese alles umfasst, ist in der griechischen Kultur überaus präsent: die wichtigsten sind neben Eros (der leidenschaftlichen Liebe), Philia (die freundschaftliche Liebe) und Agape (die bedingungslose Liebe).
Für den Wappenspruch ergibt dieses Spektrum einen überraschend großen Bedeutungsrahmen. Die Liebe ist konstitutionelles Fundament eines Staates.
Für das Kunstwerk „The King“ widme ich mich Philia und Agape. Was für eine schöne Vision wäre es, wenn das Leitbild und das Ziel aller Bemühungen von Regierungen und Verantwortungsträgern in der gelebten tiefen Qualität der Freude und Liebe der Menschen liegt. Was für eine Fülle, was für ein emotionaler Reichtum!
Ralf Witthaus
Über die Landschaftskunst von Ralf Witthaus
Anstatt von Zeichenstiften benutzt das Team von Ralf Witthaus Motorsensen und Rasenmäher. Sie zeichnen im 1:1 Format ortsspezifische Kontexte in den grünen Stadtraum. Das Interesse des Künstlers gilt dem Verborgenen, den Geschichten der Orte, seinen architektonischen und gesellschaftlichen Bezügen.
Es geht darum, Akteuren und Besuchern die versteckten Besonderheiten von Orten erfahrbar zu machen. Es geht auch um die Perspektive des Betrachters, dessen Wahrnehmung von Landschaft sich verändert, wenn riesige Zeichnungen erlaufen werden. Dabei gibt es meistens keine Aussichtspunkte, manchmal nicht einmal Luftaufnahmen.
Für alle Rasenmäherzeichnungen ist essentiell: Die Zeichnungen selbst sind nur ein Teil dieser Kunst, genauso wichtig ist ihr performativer Anteil: Die soziale Qualität ihrer Entstehung, das was es macht, mit den Menschen die es betrifft und was mit seinem Team. Ralf Witthaus‘ Projekte sind Gesamtkunstwerke. Er bittet sein Team in schwarzen Anzügen zu arbeiten – und es ist für alle ein Fest. Das Team arbeitet zusammen – isst zusammen – redet mit den Menschen die vorbeikommen. Fast alle seiner vielen Helfer sind ehrenamtlich dabei.
Auch für „The King“ sucht Ralf Witthaus interessierte Menschen aus der Region, die Lust haben für einige Stunden oder mehrere Tage sich einzubringen und Teil des künstlerischen Prozesses zu werden. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an den Künstler. Telefon: 0163 249 68 59 oder per Email: mail@ralfwitthaus.de
Diese Kunstform führt meistens zu vielschichtigen Begegnungssituationen, die jedes Einzelprojekt, jeden Tag und jeden Ort zu etwas Neuem und Besonderen werden lassen. Und die Orte bleiben in den Köpfen der Menschen verändert – auch wenn die Zeichnungen nach wenigen Wochen unter dem nachwachsenden Rasen für immer verschwinden.
Das Kunstprojekt wird unterstützt von STIHL, offizieller Ausrüstungspartner von Ralf Witthaus.
Vita
Ralf Witthaus (*1973) studierte Gestaltung, Kunst und Internationales Kunstmanagement in Bielefeld, Hamburg, Enschede, Berlin, Köln und Düsseldorf. Sein Werk verbindet spartenübergreifend Zeichnung, Bildhauerei, Aktionskunst, Community Art und Landschaftsarchitektur. Er modellierte bereits 1998 als Student „Die Liegende von Werl“ – eine 550 Meter lange Erdskulptur aus über 90.000 m3 Erde.
2010 entstand in Köln die „Bundesrasenschau“, eine sieben Kilometer lange Zeichnung rund um die Stadt. 2012 folgte „Das Bohrloch nach Neuseeland“, dass seine Heimatstadt Löhne mit Auckland verband. 2014 wurde mit 150 Helfern die nie ausgeführte Vision des Klinikparks von Peter Joseph Lenné in Lengerich in den Rasen gezeichnet. Weitere Hauptwerke sind das über einen Kilometer lange Gedicht „In Deinem Spiegel“, dass mit dem Museum für Gartenkunst 2015 im Benrather Schlosspark realisiert wurde und 2017 die Zeichnung einer über 600 Meter lange Perlenkette in den italienischen Alpen. 2019 wurde das sächsiche Versailles mit der künstlerischen Inszenierung „Der Garten in mir“ am Schloss Hubertusburg mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wieder ans Tageslicht gebracht.
Seine Zeichnungen, Collagen und Aktionen wurden in über zweihundert Ausstellungen in Deutschland und Europa gezeigt: z.B. in der Galerie Emmanuel Walderdorff, im Museum Marta Herford oder in der Bundeskunsthalle Bonn.
Das deutsche EuroLandArt Festival kuratierte er 2005 bis 2011 und lehrte an der Kölner Malakademie acht Jahre Malerei, Zeichnung und Professionalisierung. In Erfurt hatte er 2019 einen Lehrauftrag an der Universität. Außerdem war er Autor für die Künstlerzeitschrift „atelier“ und erhielt für sein künstlerisches Wirken unter anderem das Aldegrever-Stipendium, den Stern des Jahres der Neuen Westfälischen sowie das Stipendium der Fondazione Isola Comacina / Accademia di Belle Arti di Brera in Italien.